Philipp Pusch - Artist
Anton
ANTON
Ich glaube das Gefühl jemanden in Berlin kennen zu lernen, der einen begeistert und ein großes Interesse weckt, kennt jeder, der hier länger als einen Tag verbracht hat.
Ich habe an der Bar gearbeitet und zum ersten Mal Anton tanzen sehen. Ich war sofort hin und weg und bin direkt zu ihm, um ihn kennenzulernen. Wir redeten kurz und verabredeten uns für den nächsten Tag. Er kam zu meiner Ausstellung und wir unterhielten uns lange über Kunst, Pflanzen, sein und mein Leben. Von vielem was er erwähnte, war ich begeistert und inspiriert. "Manchmal denke ich, müsse man Bücher schreiben, um fast vergessene Spiele, Gerichte und andere Worte am Leben zu erhalten" - diese und ähnliche Sätze machten es einfach unglaublich interessant und weckten noch mehr Begeisterung.
Also verabredeten wir uns für einen weiteren Tag, ich wollte wissen, wer hinter dieser stylischen Uniform steckt und wir gingen einen Cortado in seiner Lieblingsbar, der Kaffeebar in der Gräfestraße trinken. Die Zeit verging wie im Flug als wir uns über sein Leben unterhielten. Es macht Spaß ihm zuzuhören. Er ist unglaublich jung geblieben und packt trotzdem immer wieder, wie man es von älteren Herschaften kennt, Weißheiten aus. Er erzählt von seinen Erfahrungen und sein Leben in Berlin, erinnert sich noch heute an die Gerüche dieser Stadt, die Stadt die es ihm so angetan hat. Er könnte sich niemals vorstellen in einem Randgebiet zu wohnen. Der Kreuzberger Kiez ist sein Zuhause. Er liebt es im Auge des Taifuns zu wohnen und wundert sich oft, dass keine Gleichaltrigen vorbei spazieren. Dabei ist es so schön, in seinem Kiez.
Nach dem gemütlichen Gespräch machten wir uns auf zu seiner Wohnung im Dachgeschoss. Lichtdurchflutet und offen. Wunderschöne Designmöbel. Er meinte selbst, dass er hin und wieder auf Ferienreisen verzichtete, um sich ein neues Möbelstück oder ähnliches zu kaufen. Der Mann hat einfach Stil. Wunderschöne Designmöbel. Das spiegelt sich nicht nur in seiner Wohnung, sondern auch in seiner großen Hut- und Fliegensammlung wieder. Er erzählte mir von seinem Lieblingseinstecktuch, seinen Porkypiehüten, deren Geschichten und woher er sie bekommen hat. Sein Äußeres gleicht einer durchkomponierten Malerei, ohne dass er sich unglaublich viele Gedanken darüber macht. Er trägt dies einfach schon sein Leben lang und wundert sich nun auch sehr über die Resonanz der Medien. Anton liebt einfach schöne Dinge, eine besondere Haptik. Und diese Dinge müssen nicht unbedingt teuer sein.
Bei den ersten Gesprächen bei der Ausstellung erwähnte er auch, als er einige Bilder von mir sah, dass er klare Räume liebe und ihm deshalb gewisse Fotos am besten gefallen würden. Dies spiegelt sich auch in seiner Wohnung wider.
Er lebt in einem ehemals besetzten Haus, indem er seit fast 30 Jahren mit den Leuten der ersten Stunde zusammen lebt.
Anton geht regelmäßig zum Sport und ersetzt die Zeit auf dem Laufband durch tanzen. Er zieht dort unglaublich viel Energie. Die Leute reagieren auf ihn und sein ausgesprochen stylisches Erscheinungsbild. In mehreren angesagten Clubs der Technoszene ist er inzwischen Stammgast. So sieht man ihn mehrere Stunden mit mehr Taktgefühl als 50% der anderen Gäste, bei Cola oder Club Mate, tanzen. Im jüngeren Alter verbrachte er Nächte im "Dschungel", "Café Mitropa", später "Café M". Dies waren noch kleine Diskotheken, man hat immer den getroffen den man sehen wollte.
Anton ist ein ausgesprochen bewundernswerter Mensch, vielen voraus. Er möchte einfach den Moment leben, dem nachgehen, was auch viele jüngere Leute in Berlin leben. Da alles im Wandel ist, will er nicht zurückdenken oder nach vorne, sondern im Hier und Jetzt leben.
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Artikel für Berliner Zeitung
© Philipp Pusch 2016
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